Hofkirchen erzählt
Im Österreichischen Sattlermuseum in Hofkirchen wurde am Sonntag, 27. Oktober 2019 wieder die jüngere Geschichte des ländlichen Raumes lebendig. Anna Preining, die jahrzehntelang im Dienst der Gemeindeverwaltung stand, erzählte aus ihrem Leben.
Ein Museum ist immer auch ein Stück Gedächtnis – nicht zuletzt das Gedächtnis eines Ortes; besonders am Land. In diesem Sinne lädt das Sattlermuseum einmal im Jahr eine/n Hofkirchner/in ein, seine oder ihre Lebenserinnerungen in der familiären Atmosphäre der Sattlerwerkstatt zu teilen.
In der dritten Folge der Reihe „Hofkirchen erzählt“ lud das Sattlermuseum wieder ein zu einem Nachmittag der Erinnerungen und des Staunens darüber, wie es früher war. Empfangen wurden das Publikum und die Beitragenden mit Kaffee und Kuchen im Vereinsraum, der – ebenso außergewöhnlich wie zunftgerecht – mit einem Lederboden ausgestattet ist. Dann begaben sich die rd. 40 Personen in die urige Sattlerwerkstatt zum Erzählen und Zuhören. Umrahmt wurden Anna Preinings Erinnerungen von ausdrucksstarken, einfühlsam gespielten Stücken der jungen Gitarristin Sophie Fuentes-Stockinger.
Anna Preining, geboren 1939, hätte sich eine höhere Ausbildung gewünscht, weil sie gern lernte und begabt war. Doch die Handelsschulen der nächsten größeren Städte waren damals schlicht nicht erreichbar: Der minimale öffentliche Verkehr war dafür unzureichend, mit dem Fahrrad wäre es zu weit gewesen, ein Auto hatte man nicht.
Bei verschiedenen Erledigungen am Gemeindeamt war sie schon als junges Mädchen fasziniert von der Atmosphäre und dem Parteienverkehr in der Amtsstube und wünschte sich, dort einmal arbeiten zu dürfen. Tatsächlich wurde ihr eine Praktikantenstelle und später eine Vollzeitanstellung angeboten, die sie bis zu ihrer Pensionierung Mitte der 1990er Jahre rund 40 Jahre lang innehatte.
Sie erlebte in dieser Zeit die Umstellung der Verwaltung von Papier auf EDV, anfangs verbunden mit immensem Aufwand: Zur Dateneingabe musste man nach Linz, später nach St. Florian, um riesige Eingabegeräte mit Daten zu füttern, die man selbstverständlich vollständig auf Papier mitzubringen hatte. Die Auswertung bekam man dann einige Tage oder Wochen später auf Magnetband.
Frau Preining nutzte ihre Stellung auch, um die Bevölkerung des Ortes umfassend zu unterstützen, etwa indem sie auf zustehende öffentliche Leistungen aufmerksam machte – z. B. die Einrechnung von Kinderbetreuungszeiten beim Pensionsanspruch von Frauen –, bei Anträgen half und in so mancher persönlichen Notsituation zur Seite stand. Mit großer mentaler Kraft meisterte sie auch ihre eigenen persönlichen Herausforderungen, die ihren bescheidenen Wunsch nach Lebensglück gefährdeten: arbeiten dürfen, Kinder haben, im Alter noch auf den eigenen Beinen unterwegs sein können.
Einmal mehr ist in der Stimmung eines allmählich dunkelnden Herbstnachmittags in der kleinen Sattlerwerkstatt spürbar geworden, was man heute nur noch selten erlebt: die Magie des Erzählens.
Um die berührenden Eindrücke besprechen und den Nachmittag ausklingen lassen zu können, gab es nach der Erzählung noch ein herzhaftes Gulasch. Die kulinarische Umrahmung ist Teil des Konzepts und im Eintrittspreis inbegriffen. Wer nächstes Jahr in diesem recht kleinen Kreis dabei sein möchte, kann bereits jetzt Interesse an Karten anmelden. www.sattlermuseum.at